vor dem Altglascontainer und macht daraus schöne, nachhaltige Wohnaccessoires
Text: Nicoline Haas | Fotos: MaBe & Jb-photoworx.de
Auf ein „Prost!“, „Salute!“ und „Cheers!“ folgt leider oft ein „Rumpel, schepper – klirr!“, wenn die ausgetrunkenen Sekt- oder Schnapsflaschen im Altglascontainer landen. Dabei hätten die robusten Behälter noch viele Runden drehen können – oder zumindest ein zweites Leben in anderer Funktion verdient: Wenn im unterfränkischen Steinbach bei Aschaffenburg mal wieder irgendwo gefeiert wurde, klimpert es bald darauf in den Leergutkisten vor dem Tor der Beuckers. Willkommener Nachschub für ihr Rohwarenlager. Seit 2017 betreiben Ute und Martin Beucker im Ex-Kuhstall ihres historischen Dreiseitenhofs eine Manufaktur für Glaswaren, alle aus Einwegflaschen. Einen Teil bringen Nachbarn vorbei, das Meiste sammeln sie aktiv von Gasthäusern der Umgebung ein. „Und manchmal bieten wir auch bei Online-Auktionen mit, um Raritäten zu ergattern“, erzählt Ute. Sie, gelernte Handelsfachwirtin, leitet das Familienunternehmen und kümmert sich um Marketing und Vertrieb. Er, Diplom-Bekleidungsingenieur, ist unter anderem für die Produktentwicklung und alles Handwerkliche verantwortlich. Nach ihm ist auch ihre Marke „MaBe“ benannt. Die Kinder helfen mal in der Werkstatt, mal im MaBe-Hofladen mit und bessern so ihr Taschengeld auf.
Dann zerbrach ein Windlicht aus einer Weinflasche, das die Familie geschenkt bekommen hatte, und Martin wollte den „Lampenschirm“ ersetzen. Er fand heraus: „Um eine Flasche zu zerteilen, musst du durch Anritzen eine Sollbruchstelle erzeugen und dann einen thermischen Schock erzeugen, der das Glas auseinander sprengt.“ Über seine ersten Fehlversuche konnte er damals nicht lachen, jetzt schon: „Ich kippte zum Beispiel erst heißes und dann kaltes Wasser über die Flasche, Ergebnis: ein Haifischgebiss!“ Besser klappte es per Teelicht und Eiswürfelbad, und nach tagelangem Tüfteln mit Wutausbrüchen und blutigen Fingern war das Windlicht endlich fertig. Der Clou: Ein hineingebohrtes Luftloch, damit die Kerze „atmen“ kann, nicht flackert und rußfrei abbrennt. So entstand die Geschäftsidee und MaBe. Alle Techniken der Glasbearbeitung brachte sich der Ingenieur selbst bei, er forschte intensiv nach geeigneten Werkzeugen, recherchierte und experimentierte. Irgendwann traute er sich auch an Trinkgläser heran, laut Martin eine DIY-Königsdisziplin: „Die Herausforderung ist, den anfangs messerscharfen Glasrand lippenfreundlich zu machen!“ Er benutzt einen Teller-Nassschleifer, bestückt mit diamantbeschichteten Schleifscheiben in verschieden feinen Körnungen. Das Wasser, das sich mit der Torsionsbewegung auf dem Teller verteilt, kühlt das Werkstück und bindet den mehligen Glasstaub ab. Zuerst schleift Martin den Rand plan, dann entgratet er ihn feinsäuberlich innen und außen und rundet schließlich in mehreren Arbeitsgängen die Kanten ab. Auf ein Polieren verzichtet MaBe bewusst. Denn, so Ute: „Uns ist wichtig, dass man unsere Upcyclingprodukte klar von industriell hergestellten Gläsern unterscheiden kann.“
Die Verwandlung eines fränkischen Kulturguts
Für unser Warenhaus hat das Team in Handarbeit diverse Wegwerfflaschen von den Klebe-Etiketten befreit und sie in langlebige Gläser, Schalen und Vasen umgemodelt. Ihr Vorleben sieht man ihnen nicht an, kann es nur erahnen: Was für feuchtfröhliche Geschichten wohl die rustikalen 2-Liter-Bierbuddeln erlebt haben? Jetzt können die daraus entstandenen unverwüstlichen Schalen, mit Knabberkram gefüllt, noch auf vielen Festen dabei sein. Ein Vasenmodell in Olivgrün basiert auf einer besonderen Merlot-Flasche: „Wegen ihres schweren hochgewölbten Bodens ist sie sehr standfest“, erläutert Martin. Ein anderes Gefäß fällt durch seine asymmetrische Form auf. Man könnte vermuten, ein skandinavisches Designerobjekt? „Das ist der abgeschrägte Rumpf eines fränkischen Bocksbeutels!“, klärt Ute lachend auf, „und da waren gleich zwei kreative Köpfe am Werk, mein Mann und Peter Schmidt.“ 2015 wurde der aus Bayreuth stammende berühmte Verpackungsdesigner vom Fränkischen Weinbauverband beauftragt, die eigentümliche Flasche, diese plattgedrückte Kugel mit kurzem Hals, zu überarbeiten. Der neue Bocksbeutel kommt schlanker, kantiger und gar nicht mehr altbacken daher – erst Recht nach seiner Verwandlung in eine Vase. Tipp der MaBe-Chefin: „Du kannst darin eine einzelne große Blüte in Szene setzen, zum Beispiel eine Pfingstrose.“
Scherben brachten Glück und die Geschäftsidee
2002 zogen die Beuckers von Würzburg in ihr kleines Dorf, wo sie sich in ein rund 350 Jahre altes Fachwerk-Bauernhaus verguckt hatten. Als sie es nach und nach sanierten, entdeckte Martin seine Lust am Werken. Doch als Manager internationaler Modekonzerne hatte er nie genug Zeit für Haus und Familie. Auch deshalb kündigte er 2016 seinen Vorstandsposten bei Benetton, schlüpfte in Latzhose und Holzfällerhemd – und ab in die Werkstatt. „Die schnelllebige Branche, die Kollektionsrhythmen und endlosen Strategie-Meetings waren nicht mehr meins“, fasst er rückblickend zusammen. „Ich wollte etwas Eigenes kreieren und am Ende des Tages sehen, was ich geschafft habe.“ Was das sein könnte, wusste er noch nicht – nur sinnvoll und nachhaltig sollte es sein.
Trotzdem, mehr Mehrweg!
Upcycling leistet einen sinnvollen Beitrag, aber um Ressourcen und Klima zu schonen, brauchen wir deutlich mehr Mehrwegverpackungen. 2020 erzeugte jede und jeder Deutsche durchschnittlich 25 Kilo Glasabfall. Behälterglas besteht vorwiegend aus Quarzsand, Soda und Kalk. Es lässt sich unbegrenzt recyceln, wobei neue Flaschen im Schnitt nur zu 60 Prozent aus Scherben hergestellt werden. Der Prozess ist energieaufwändig – vom Reinigen und Aufbereiten des Altglases bis zur 1.600 Grad heißen Schmelzwanne, die meist mit fossilem Erdgas erhitzt wird. Glaseinwegflaschen haben die schlechteste Ökobilanz aller Getränkeverpackungen, auch wegen ihres Gewichts. Bei Transportwegen bis 600 Kilometer spricht laut Studien alles für Mehrweg: Eine Glasflasche lässt sich 50-mal wiederbefüllen, bevor sie zurück in den Stoffkreislauf geht. Doch warum gibt es für Bier oder Mineralwasser etablierte Mehrwegsysteme mit Pfand, aber kaum für Wein, geschweige denn für Spirituosen? Eine Antwort findet sich im MaBe-Flaschenlager: „Diese Vielfalt an Formen, Größen, Farben und individuellen Reliefs ist doch verrückt und meines Erachtens unnötig“, ärgert sich Martin und schlägt vor: „Ich denke, es sollten sich beispielsweise Winzergemeinschaften zusammentun und sich auf Kompromisse zur Standardisierung von Flaschen verständigen.“ Und noch einen Wunsch haben die Beuckers an Weingüter, Destillerien und Co: wasserlösliche Papieretiketten, auch bei Einwegflaschen, so wie sie auch bei Mehrwegflaschen Standard sind.
Alle MaBe- und weitere nachhaltige Küchenprodukte finden Sie hier.
Die Verwandlung eines fränkischen Kulturguts
Für unser Warenhaus hat das Team in Handarbeit diverse Wegwerfflaschen von den Klebe-Etiketten befreit und sie in langlebige Gläser, Schalen und Vasen umgemodelt. Ihr Vorleben sieht man ihnen nicht an, kann es nur erahnen: Was für feuchtfröhliche Geschichten wohl die rustikalen 2-Liter-Bierbuddeln erlebt haben? Jetzt können die daraus entstandenen unverwüstlichen Schalen, mit Knabberkram gefüllt, noch auf vielen Festen dabei sein. Ein Vasenmodell in Olivgrün basiert auf einer besonderen Merlot-Flasche: „Wegen ihres schweren hochgewölbten Bodens ist sie sehr standfest“, erläutert Martin. Ein anderes Gefäß fällt durch seine asymmetrische Form auf. Man könnte vermuten, ein skandinavisches Designerobjekt? „Das ist der abgeschrägte Rumpf eines fränkischen Bocksbeutels!“, klärt Ute lachend auf, „und da waren gleich zwei kreative Köpfe am Werk, mein Mann und Peter Schmidt.“ 2015 wurde der aus Bayreuth stammende berühmte Verpackungsdesigner vom Fränkischen Weinbauverband beauftragt, die eigentümliche Flasche, diese plattgedrückte Kugel mit kurzem Hals, zu überarbeiten. Der neue Bocksbeutel kommt schlanker, kantiger und gar nicht mehr altbacken daher – erst Recht nach seiner Verwandlung in eine Vase. Tipp der MaBe-Chefin: „Du kannst darin eine einzelne große Blüte in Szene setzen, zum Beispiel eine Pfingstrose.“
Scherben brachten Glück und die Geschäftsidee
2002 zogen die Beuckers von Würzburg in ihr kleines Dorf, wo sie sich in ein rund 350 Jahre altes Fachwerk-Bauernhaus verguckt hatten. Als sie es nach und nach sanierten, entdeckte Martin seine Lust am Werken. Doch als Manager internationaler Modekonzerne hatte er nie genug Zeit für Haus und Familie. Auch deshalb kündigte er 2016 seinen Vorstandsposten bei Benetton, schlüpfte in Latzhose und Holzfällerhemd – und ab in die Werkstatt. „Die schnelllebige Branche, die Kollektionsrhythmen und endlosen Strategie-Meetings waren nicht mehr meins“, fasst er rückblickend zusammen. „Ich wollte etwas Eigenes kreieren und am Ende des Tages sehen, was ich geschafft habe.“ Was das sein könnte, wusste er noch nicht – nur sinnvoll und nachhaltig sollte es sein. Dann zerbrach ein Windlicht aus einer Weinflasche, das die Familie geschenkt bekommen hatte, und Martin wollte den „Lampenschirm“ ersetzen. Er fand heraus: „Um eine Flasche zu zerteilen, musst du durch Anritzen eine Sollbruchstelle erzeugen und dann einen thermischen Schock erzeugen, der das Glas auseinander sprengt.“ Über seine ersten Fehlversuche konnte er damals nicht lachen, jetzt schon: „Ich kippte zum Beispiel erst heißes und dann kaltes Wasser über die Flasche, Ergebnis: ein Haifischgebiss!“ Besser klappte es per Teelicht und Eiswürfelbad, und nach tagelangem Tüfteln mit Wutausbrüchen und blutigen Fingern war das Windlicht endlich fertig. Der Clou: Ein hineingebohrtes Luftloch, damit die Kerze „atmen“ kann, nicht flackert und rußfrei abbrennt. So entstand die Geschäftsidee und MaBe.
Alle Techniken der Glasbearbeitung brachte sich der Ingenieur selbst bei, er forschte intensiv nach geeigneten Werkzeugen, recherchierte und experimentierte. Irgendwann traute er sich auch an Trinkgläser heran, laut Martin eine DIY-Königsdisziplin: „Die Herausforderung ist, den anfangs messerscharfen Glasrand lippenfreundlich zu machen!“ Er benutzt einen Teller-Nassschleifer, bestückt mit diamantbeschichteten Schleifscheiben in verschieden feinen Körnungen. Das Wasser, das sich mit der Torsionsbewegung auf dem Teller verteilt, kühlt das Werkstück und bindet den mehligen Glasstaub ab. Zuerst schleift Martin den Rand plan, dann entgratet er ihn feinsäuberlich innen und außen und rundet schließlich in mehreren Arbeitsgängen die Kanten ab. Auf ein Polieren verzichtet MaBe bewusst. Denn, so Ute: „Uns ist wichtig, dass man unsere Upcyclingprodukte klar von industriell hergestellten Gläsern unterscheiden kann.“
Die Verwandlung eines fränkischen Kulturguts
Für unser Warenhaus hat das Team in Handarbeit diverse Wegwerfflaschen von den Klebe-Etiketten befreit und sie in langlebige Gläser, Schalen und Vasen umgemodelt. Ihr Vorleben sieht man ihnen nicht an, kann es nur erahnen: Was für feuchtfröhliche Geschichten wohl die rustikalen 2-Liter-Bierbuddeln erlebt haben? Jetzt können die daraus entstandenen unverwüstlichen Schalen, mit Knabberkram gefüllt, noch auf vielen Festen dabei sein. Ein Vasenmodell in Olivgrün basiert auf einer besonderen Merlot-Flasche: „Wegen ihres schweren hochgewölbten Bodens ist sie sehr standfest“, erläutert Martin. Ein anderes Gefäß fällt durch seine asymmetrische Form auf. Man könnte vermuten, ein skandinavisches Designerobjekt? „Das ist der abgeschrägte Rumpf eines fränkischen Bocksbeutels!“, klärt Ute lachend auf, „und da waren gleich zwei kreative Köpfe am Werk, mein Mann und Peter Schmidt.“
2015 wurde der aus Bayreuth stammende berühmte Verpackungsdesigner vom Fränkischen Weinbauverband beauftragt, die eigentümliche Flasche, diese plattgedrückte Kugel mit kurzem Hals, zu überarbeiten. Der neue Bocksbeutel kommt schlanker, kantiger und gar nicht mehr altbacken daher – erst Recht nach seiner Verwandlung in eine Vase. Tipp der MaBe-Chefin: „Du kannst darin eine einzelne große Blüte in Szene setzen, zum Beispiel eine Pfingstrose.“
Scherben brachten Glück und die Geschäftsidee
2002 zogen die Beuckers von Würzburg in ihr kleines Dorf, wo sie sich in ein rund 350 Jahre altes Fachwerk-Bauernhaus verguckt hatten. Als sie es nach und nach sanierten, entdeckte Martin seine Lust am Werken. Doch als Manager internationaler Modekonzerne hatte er nie genug Zeit für Haus und Familie. Auch deshalb kündigte er 2016 seinen Vorstandsposten bei Benetton, schlüpfte in Latzhose und Holzfällerhemd – und ab in die Werkstatt. „Die schnelllebige Branche, die Kollektionsrhythmen und endlosen Strategie-Meetings waren nicht mehr meins“, fasst er rückblickend zusammen. „Ich wollte etwas Eigenes kreieren und am Ende des Tages sehen, was ich geschafft habe.“ Was das sein könnte, wusste er noch nicht – nur sinnvoll und nachhaltig sollte es sein. Dann zerbrach ein Windlicht aus einer Weinflasche, das die Familie geschenkt bekommen hatte, und Martin wollte den „Lampenschirm“ ersetzen. Er fand heraus: „Um eine Flasche zu zerteilen, musst du durch Anritzen eine Sollbruchstelle erzeugen und dann einen thermischen Schock erzeugen, der das Glas auseinander sprengt.“ Über seine ersten Fehlversuche konnte er damals nicht lachen, jetzt schon: „Ich kippte zum Beispiel erst heißes und dann kaltes Wasser über die Flasche, Ergebnis: ein Haifischgebiss!“ Besser klappte es per Teelicht und Eiswürfelbad, und nach tagelangem Tüfteln mit Wutausbrüchen und blutigen Fingern war das Windlicht endlich fertig. Der Clou: Ein hineingebohrtes Luftloch, damit die Kerze „atmen“ kann, nicht flackert und rußfrei abbrennt. So entstand die Geschäftsidee und MaBe.
Alle Techniken der Glasbearbeitung brachte sich der Ingenieur selbst bei, er forschte intensiv nach geeigneten Werkzeugen, recherchierte und experimentierte. Irgendwann traute er sich auch an Trinkgläser heran, laut Martin eine DIY-Königsdisziplin: „Die Herausforderung ist, den anfangs messerscharfen Glasrand lippenfreundlich zu machen!“ Er benutzt einen Teller-Nassschleifer, bestückt mit diamantbeschichteten Schleifscheiben in verschieden feinen Körnungen. Das Wasser, das sich mit der Torsionsbewegung auf dem Teller verteilt, kühlt das Werkstück und bindet den mehligen Glasstaub ab. Zuerst schleift Martin den Rand plan, dann entgratet er ihn feinsäuberlich innen und außen und rundet schließlich in mehreren Arbeitsgängen die Kanten ab. Auf ein Polieren verzichtet MaBe bewusst. Denn, so Ute: „Uns ist wichtig, dass man unsere Upcyclingprodukte klar von industriell hergestellten Gläsern unterscheiden kann.“